Liebe Bürger*innen der Stadt Konstanz, vielleicht erwarten Sie an dieser Stelle ein typisches Empfehlungsschreiben, wie man das eben so macht, wenn man einen Kandidaten für das Amt eines Oberbürgermeisters unterstützen will. Ich hoffe, sie sehen es mir nach: Von mir gibt es eine Liebeserklärung für meinen Bruder Luigi Pantisano.
Klar, ich kann Ihnen erzählen, wie schwer wir es hatten, als Kinder von Gastarbeitern auf eine Hauptschule zu kommen, weil wir die Sprache nicht sprachen und auch weil man uns erstmal nicht mehr zugetraut hatte. Oder wie hart unsere Eltern für uns gearbeitet haben, nur um uns zu ermöglichen, dass wir eines Tages unseren eigenen Weg gehen. Ich habe auch viele Geschichten zu erzählen, wie ich meinen Bruder Gigi – wie wir ihn Zuhause liebevoll nennen – mit den Hausaufgaben unterstützt habe oder wie ich für ihn nach der Schule zu Mittag gekocht habe, weil unsere Eltern noch im Akkord arbeitend am Fließband standen.
Viel lieber will ich Ihnen aber erzählen, wie Luigi dazu kam, sich gesellschaftlich und politisch zu engagieren. Wir liegen 5 Jahre auseinander und dennoch hat Luigi ein Tag vor mir Geburtstag. Wir haben also nicht nur unsere Geburtstage immer gemeinsam verbracht, wir hatten schon immer eine sehr starke Verbindung. Wir waren schon immer sehr eng – und sind es bis heute immer noch. Ich war gerade 19 geworden und Luigi 14. Meine Eltern erfuhren, dass ich schwul bin und, weil sie nie gelernt hatten, wie man mit einer solchen Situation umgeht, entschieden sie sich mich kurzerhand aus dem Haus zu werfen. Somit landete ich von einem Tag auf den anderen auf der Straße. Ich kann mich noch sehr gut an Luigis Tränen erinnern. Er war sehr wütend auf die Situation und vermutlich auch auf unsere lieben Eltern.
Luigi verstand sehr schnell, dass selbst, wenn er meine Eltern hätte umstimmen könnte, ein solcher Rauswurf, ein solches Schicksal viele andere Kinder von Müttern und Vätern, viele schwule und lesbische Kinder weiterhin hätte treffen könnte. Also sagte er sich mit 14 – wenn ich wirklich was tun will, wenn ich wirklich was verändern will, dann muss ich die Gesellschaft in der wir leben ansprechen und sie nachhaltig darin unterstützen, damit wir alle in einer friedlichen und offenen Welt leben können. Und Luigi begann sich gesellschaftspolitisch zu engagieren.
Eine ökologische und nachhaltige Stadtplanung war schon immer sein Thema. Soziale Chancengleichheit und Gerechtigkeit, vor allem für die Kinder und Jugendlichen, und für unsere Senior*innen, standen für Luigi schon immer ganz oben auf seiner Prioritätenliste.
Und, auch wenn es für manche von Ihnen abgedroschen klingen sollte, Tatsache ist: Luigi liebt seine Stadt Konstanz. Er hat sich als Quartiermanager unermüdlich für seine Leute eingesetzt. Er war der gute Anwalt, der gute Freund auch der Jugendlichen – ob es um einen Jugendclub oder um einen neuen Bolzplatz ging: Auf Luigi kann man zählen. Immer!